13 Februar, 2007

Metapher "Das kleine Stück Eis" by Mursilka

Metapher „Ein kleines Stück Eis“ (zum herstellen einer bestimmten Verbindung)

Vor langer langer Zeit, an einem Ort nördlich des Polarkreises, lebte eine Familie weißer Bären. In der Familie war ein großer weißer Bär – Vater, ein zweiter großer weißer Bär – Mutter und ein kleines weißes Bärchen – Sohn. Sie lebten am Ufer eines riesigen Ozeans, im Sommer fingen sie Fische in ihm und im Winter jagten sie am trockenen. Eines Tages, an einem langen Winterabend, als sie sich nach einem satten Abendessen erholten, zusammengerollt zu weichen, weißen, fälligen Kugelchen, erzählte Papabär eine Geschichte.
Es lebte einmal im Ozean ein großer großer Eisberg. Im Sommer und Winter taute er nicht, sonder verkleinerte oder vergrößerte sich bloß. Im Sommer und im Winter lebten auf ihm alle Arten von Vögeln und Tieren. Er schwamm im Ozean wohin er wollte, indem er sich die passende Strömung aussuchte. Denn die Strömungen im Ozean sind dieselben Straßen, und sogar besser – man braucht nirgendwohin zu gehen, das Wasser trägt einen selbst… Der Eisberg umschwamm damit den ganzen Ozean. Es gab keinen einzigen Platz an dem er noch nicht gewesen war. An dem Eisberg war ein Eisvorsprung, vielleicht groß, vielleicht klein, das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht welche Form er hatte, vielleicht scharf aber vielleicht auch ganz glatt.
Er trennte sich vom Eisberg immer mehr und immer mehr ab, und an eines wunderbaren Tages brach er ganz ab, und schwamm auf den blauen kalten Wellen des Ozeans weg. „Wohin willst du?“ rief ihm der große Eisberg zu, doch der Eisvorsprung, der sich ganz zu einem kleinem stück Eis verformt hatte, vielleicht groß vielleicht klein oder vielleicht auch sogar ganz winzig, hörte ihn nicht.
Es schwamm vergnügt auf den Wellen, es wurde von der fröhlichen Erregung ergriffen, dass es selbst schwimmen konnte wohin es wollte. Ob es lange oder kurz herumgeschwommen ist, das weiß ich nicht, aber es ist weit weit nach Süden vorgedrungen. Und hier begann es zu spüren wie das Wasser wärmer wurde, die Luft viel zu heiß und die Sonnenglut drückend heiß. Es wurde schwer zu atmen, das kleine stück Eis spürte wie es langsam taute, taute, taute, und an Größe verlor. Um es herum schwammen irgendwelche unbekannten Fische, groß und klein, und in der Luft flogen andere Vögel als in der Heimat. Und überall, von einem Rand des Ozeans bis zum anderen Rand, war grünes, grünes Wasser. Nirgends gab es weiße funkelnde frostige Eisberge von denen es in der Heimat ganz ganz viele gab.
„Hey“ rief das verängstigte kleine Stück Eis. „Was ist passiert? Wasser warum bist du so warm, siehst du denn nicht das ich taue?“
„Ich bin warm“, sagte das Wasser, „weil die Sonne mich aufwärmt“
„Hey Luft“, rief das kleine stück Eis verängstigt, „Wieso bist du so heiß? Siehst du denn nicht das es mir schwer fällt zu atmen?“
„Ich bin heiß“, antwortete die Luft, „weil die Sonne mich aufwärmt“
„Hey Sonne“, rief das kleine Stück Eis, „Wieso erwärmst du das Wasser, siehst du denn nicht das ich darin taue? Warum erwärmst du die Luft? Siehst du denn nicht wie schwer es mir fällt darin zu atmen?“
„Du befindest dich in einer warmen Gegend“, antwortete die Sonne, „Und deshalb taust du jetzt weil du im warmen Wasser schwimmst, du kannst nicht atmen weil die Luft zu heiß ist“
„Was soll ich denn tun?“, rief das kleine Stück Eis fast schon in Panik, „Ich will zurück in meine Heimat, zu meinem Eisberg der das ganze Ozean umschwommen hatte, auf dem alle verschiedenen Vögel und Tiere leben und von dem ich einstmals abbrach. Gib mir bitte dein Rat Sonne, was ich machen soll um zu ihm zu finden?“
„Das was du machen musst ist nur dich an ihn zu erinnern.“, antwortete die Sonne. „Erinnere dich wie er war, erinnere dich an seinen Atem, erinnere dich an seine Art zu schwimmen. Du musst irgendwo tief in dir selbst eine besondere Verbindung zu ihm fühlen, und dann schaffst du es den Weg zu ihm zu finden.“
Das kleine Stück Eis hat es genauso getan. Es erstarrte mitten im Ozean und begann tief nachzudenken. Es dachte an den Eisberg, daran wie er war, es erinnerte sich an seine Stimme, seinen mächtigen Atem. Es erinnerte sich wie bequem es war auf ihm zu schwimmen, dicht gepresst an seinen harten gewaltigen Körper. Es dachte und dachte ohne darauf zu achten das große durchsichtige Tropfen an ihm herunterfließen. Und einige Zeit später, vielleicht eine Stunde, vielleicht zwei Stunden oder vielleicht auch eine ganze Ewigkeit, fühlte es irgendwo tief in sich eine schwaches seltsames unbekanntes Gefühl von Verbindung zum Eisberg. Dieses Gefühl war ganz schwach, überhaupt nicht hörbar aber es zeigte ihm die Richtung wie ein kleiner Zeiger eines Kompasses immer nach Norden zeigt.
Und folgend nach dieser schwachen Anziehung, anfangs unsicher dann immer sicherer und sicherer schwamm es auf den Wellen, fühlend wie die innere Verbindung zum Eisberg immer stärker und stärker wird, als es sich immer mehr und immer mehr an ihn erinnerte. Ob es lange schwamm oder nicht, das weiß ich nicht aber es fühlte, dass das Wasser kühler wurde, dass die Luft nicht so brennend heiß wurde und die Sonne vollkommen hinter den Wolken verschwand. Und an einem wundervollen Tag erschien am Horizont der erste Eisberg. Es war nicht so groß, aber wie das kleine Stück Eis sich freute! Und weiter schwamm es seinem Gefühl nach folgend, wie ein Vogel seinem Kompass folgend wenn er nach hause fliegt. Und schon tauchte auf dem Horizont der Eisberg auf, derselbe Eisberg. Er war groß und genauso wie zuvor. Auf ihm lebten die Tiere genauso n ihren Höhlen, die Vögel flogen über ihren Nestern herum. Und als das kleine Eisstück an seinen Eisberg heranschwamm, und sich an seinen harten, mächtigen, verlässlichen Körper presste, fühlte es endlich das es zu hause war.
So eine Geschichte erzählte der große weiße Papabär seinem Sohn. Danach drehten sie sich auf die andere Seite und schliefen ein.


Übersetzt © Mursilka
Quelle: http://forum.progressive-seduction.com

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